Was ist den deutschen Arbeitnehmern wichtiger? Karriere, Geld oder doch flexible Arbeitszeiten und die Familie?
Innerhalb der kommenden fünfzehn Jahre werden den Unternehmen, laut Statistischem Bundesamt, zehn Millionen Mitarbeiter fehlen. Betriebe, die es nicht schaffen, attraktive Arbeitsplätze zu bieten, werden im „war for talents“ das Nachsehen haben. AVANTGARDE Experts hat für für eine Studie insgesamt über 15 Studien der vergangenen 5 Jahre und deren Ergebnisse verglichen und direkte Faktoren für Zufriedenheit am Arbeitsplatz herausgearbeitet. Im zweiten Schritt wurden die Thesen mit einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage auf die Probe gestellt und mit Aussagen von Führungskräften und Entscheidern aus Unternehmen verglichen. Armin Trost, Professor für Human Resources Management an der Fakultät Wirtschaft der Hochschule Furtwangen ordnet die Haupt-Ergebnisse der Studie wie folgt ein.
59% sind eher zufrieden mit ihrem Job
Die befragten Arbeitnehmer sind größtenteils recht zufrieden. Immerhin die Hälfte aller Befragten (49%) ordnen sich auf der Skala von 0 (unzufrieden) bis 10 (vollkommen zufrieden) den oberen drei Kategorien 8-10 zu. "Das ist nicht schlecht. Zumindest widerspricht dieser Befund den immer wiederkehrenden Gallup-Studien, die fast inflationär mit der Aussage zitiert werden, ein überwiegender Teil der Arbeitnehmer hätte längst innerlich gekündigt," so Armin Trost, Professor für Human Resources Management an der Fakultät Wirtschaft der Hochschule Furtwangen.
Geld ist wichtigster Faktor für Arbeitszufriedenheit
44% aller Befragten wünschen sich mehr Geld um ihre Arbeitssituation positiv zu beeinflussen. Das heißt laut Trost im Umkehrschluss: mehr als die Hälfte tut das nicht. Trotzdem steht mehr Geld an der obersten Stelle der Wunschliste. Dieser Befund kann sehr unterschiedliche Gründe haben und man tut gut daran, bei der Interpretation vorsichtig zu sein. Fühlen sich die Befragten in der Tendenz unterbezahlt? Die bekannte Schere bei der Entwicklung der Gehälter zwischen Gutverdienern und der breiten Masse würde diese Interpretation unterstreichen. Für viele Menschen ist Geld aber auch die ultimative Währung für Wertschätzung und Erfolg. Eine Form von Applaus für Geleistetes. Wer hätte nicht gerne mehr davon?
Geld wichtiger als Selbstbestimmung
Ein selbstbestimmtes Leben steht für Menschen im Vordergrund. Geld kann dabei immer auch ein Befähiger für ein selbstbestimmtes Privatleben sein. Was insgesamt hervorsticht ist der Wunsch nach Arbeitsflexibilität verbunden mit einer sozialen Einbettung in der Arbeitswelt. Arbeiten von Zuhause aus steht eben nicht an der Spitze der Wunschliste. Vielmehr wünschen sich Arbeitnehmer ein Arbeitsumfeld mit netten Kollegen, in dem sie Anerkennung genießen und eigene Erfahrungen etwa an Berufsstarter weitergeben können.
Vergüngstige Versicherungstarife und vermögenswirksame Leistungen Gewünscht
Zu einem ähnlichen Ergebnis ist auch die Umfrage von Jobrapido gekommen. Hier zeigt das Ergebnis, dass flexible Arbeitszeiten zwar noch immer zu den meistverbreiteten Forderungen von Arbeitnehmern gehören, um möglichst viel Zeit mit der Familie verbringen zu können. Dennoch spielen auch diverse andere Faktoren eine Rolle. So wünschen sich beispielsweise mehr als ein Drittel der Befragten vergünstigte Versicherungstarife und vermögenswirksame Leistungen als Zusatzleistung durch den Arbeitgeber für sich und ihre Familie. Selbst finanzielle Unterstützung bei den Kosten für den Weg zur Arbeit (28%) und die Bereitstellung eines Dienstwagens, der auch privat genutzt werden darf (24%) kamen nicht auf gleichhohe Werte. Allerdings zeigte sich bei gleicher Frage auch: Betreute Kinderaufsicht und die Möglichkeit, Kinder mit ins Büro zu nehmen wird nur von knapp sieben Prozent der Deutschen bevorzugt.
AUS- UND WEITERBILDUNG WICHTIGER ALS TECHNIK
Zur Vereinbarkeit von Job und Familie können allerdings nicht nur Verbesserungen der Rahmenbedingungen oder am Arbeitsplatz selbst beitragen: Im IT-Zeitalter steht auch immer mehr das nötige Equipment im Fokus, um Arbeit auch von zuhause aus erledigen zu können – zumindest in der Theorie. Lediglich rund 17 Prozent der Befragten sehen in der Bereitstellung von IT-Infrastruktur oder mobiler Geräte, um außerhalb des Büros arbeiten zu können, einen Bereich, in den Firmen dringend investieren sollten. Andere Investitionen in die Bedürfnisse der Arbeitnehmer sind deutlich stärker gefragt – beispielsweise Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, die sich knapp die Hälfte der Befragten wünschen.
DIE FAMILIE WICHTIGER ALS KARRIERE
Familie und Privatleben haben für die Befragten beider Umfragen eine sehr hohe Bedeutung. Zumindest stehen diese Faktoren bei der AVANTGARDE Studie in der Bewertung deutlich höher als der Wunsch nach Karriere. Auch die hohe Wichtigkeit von Arbeitsplatzsicherheit als existenzieller Faktor für die Sicherung des Lebensunterhalts fällt in diesem Zusammenhang auf. Insgesamt betrachtet vermitteln die Ergebnisse das Bild von Arbeitnehmern, die ihre Prioritäten vor allem auf die existenzielle Sicherung ihres Privat- und Familienlebens setzen. Es geht um Familie, mehr Geld, mehr Privatleben, Arbeitsplatzsicherheit, mehr Urlaub. Fokus auf berufliche Herausforderungen und Aufgaben, berufliche Entwicklung, das Vorantreiben wichtiger Projekte, das Gestalten neuer Dinge spielen offenbar eine nur zweitrangige Rolle. Nun scheint einerseits die hohe Bewertung von Familie und Privatleben als eine gesunde Werthaltung im Sinne bevorzugter Vereinbarkeit von Beruflichem und Privatem. Andererseits wissen Unternehmen aber auch, dass sie ihre Wettbewerbsfähigkeit vor allem dann sichern, wenn sich Mitarbeiter ganz ihren beruflichen Herausforderungen verpflichten und sich kontinuierlich weiterentwickeln. "Auf Letzteres weisen die Befragungsergebnisse nur begrenzt hin," analysiert Trost die Ergebnisse der AVANTGARDE Studie.
NUR MIT DER FAMILIE INS AUSLAND
Ein weiteres Indiz dafür wie, sehr den Deutschen ihr Familienleben am Herzen liegt, spiegelt sich in den Antworten einer weiteren Umfrage von Jobrapido zum Thema Arbeiten im Ausland wider: 52 Prozent der Befragten würden einen Job im Ausland nicht annehmen, wenn sie dafür ihren Partner oder ihre Familie verlassen müssten. Bemerkenswert ist hierbei auch, dass dieser Grund für weitaus mehr Menschen ausschlaggebend ist als Anpassungsängste in einer fremden Umgebung. Bedenkt man, dass solche zu große kulturelle Unterschiede häufig ein Hauptgrund für gescheiterte Auswandervorhaben sind, ist der Anteil von nur neun Prozent unter den Befragten überraschend gering.
„Die Familie ist eine sehr wichtige Institution im Leben von Arbeitnehmern und wird immer häufiger auch von Arbeitgebern als solche wahrgenommen“, sagt Rob Brouwer, CEO von Jobrapido. „Mit der Suche nach den richtigen Möglichkeiten zur Förderung von Familien tragen sie nicht nur zur Work-Life-Balance der Mitarbeiter bei, sondern bringen sich auch selbst in eine gute Position, um Nachwuchs- und Spitzenkräfte für das eigene Unternehmen zu begeistern – ein klarer Vorteil für den Recruiting-Prozess.“
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