Praxistipps: Kinderzimmer kindgerecht gestalten

Carola Kammerlander, pädagogische Geschäftsführerin des Bildungsträger-Netzwerks KONZEPT-E aus Stuttgart erklärt, was hinter der Spielzeug-Ausstattung und Materialwahl in Kitas steckt und was Sie daraus für die Gestaltung von Kinderzimmern zu Hause lernen können.

Eike Ostendorf-Servissoglou
Journalistin und PR Beraterin

Eltern können sich in der Kita oft einiges abschauen. Das gilt nicht nur für den Umgang mit Kindern. Auch auf die (idealerweise) durchdachte Raumgestaltung und Materialwahl sollten Sie als Eltern einen genaueren Blick werfen und Impulse für zu Hause mitnehmen. „Wirklich?“, denken Sie jetzt vielleicht. „In der Kita ist ja so wenig Spielzeug. Das funktioniert doch im Kinderzimmer nicht.“ Schließlich sollen sich die Kinder hier gut allein beschäftigen können. Je größer das Spielzeugangebot, desto besser sollte das funktionieren, denken Laien meist. Doch diese Annahme täuscht.

Kinder brauchen Ordnung

In den meisten Kinderzimmern stehen die Regale voll mit Spielzeug: Autos, Bücher, Schiffe, Puppen, Kuscheltiere, Eisenbahn, Mal- und Bastelzeug, Puzzles und Brettspiele, Kisten voll mit Bausteinen, mit Figuren und Tieren, mit Puppenkleidung … Da fällt es selbst Erwachsenen schwer, den Überblick zu behalten. Für junge Kinder ist das unmöglich. Sie können sich keinen Reim machen auf die vielen Sachen. Ihr Gehirn versucht Zusammenhänge herzustellen und scheitert. Je jünger Kinder sind, desto weniger Dinge sollten im Regal stehen, jedes einzelne davon gut sichtbar sein. So können Kinder das Angebot erfassen und sich für ein Spiel entscheiden.

Vorbereitete Umgebung in der Kita

In der Pädagogik sprechen wir von einer vorbereiteten Umgebung. In der Kita ist es Aufgabe der Fachkräfte, diese Umgebung immer wieder herzustellen. Sie beobachten die Kinder, erkennen ihre Interessen und bieten ihnen Zeug zum Spielen oder Materialien an, die ihnen dabei Impulse geben und sie in ihrem Tun voranbringen.

Beispiel fürs Kinderzimmer

Übertragen aufs Kinderzimmer heißt das: Ihr Kind interessiert sich für Autos? Reduzieren Sie das Spielangebot auf Dinge, die in diesen Zusammenhang gehören. Neben den Spielautos gehören Bücher über Fahrzeuge dazu. Aber auch Mal- und Bastelmaterialien sowie alles, was nützlich ist, um Autobahnen und -rennstrecken zu bauen, ist wichtig. Da wären zum Beispiel große Pappröhren, durch die kleine Autos sausen können, oder Bretter und Höckerchen, aus denen sich abschüssige Trassen herstellen lassen. Figuren, die die Autos fahren, und Bausteine, um Häuser und Garagen zu bauen, benötigt Ihr Kind sicherlich ebenfalls. Vielleicht hängen Sie noch ein Auto-Poster auf, das das Thema des Raumes direkt sichtbar macht.

Merken Sie den Unterschied? Wenn Ihr Kind sein Zimmer jetzt betritt, taucht es in eine Autowelt ein. Das regt seine Fantasie an, denn nun denkt es an alles, was es zu diesem Thema schon erlebt hat, und kann es direkt im Spiel umsetzen.

Kinder sind kreativ

Dabei lassen sich Kinder viel einfallen. Sicherlich staunen Sie auch oft über die spannenden Ideen Ihres Kindes. Die Dinge, die es in seinem Kinderzimmer hat, können diese Kreativität fördern. Sicherlich haben Sie schon beobachtet, dass Ihr Kind besonders engagiert und ausdauernd mit Alltagsgegenständen spielt, die im Haushalt sowieso da sind oder die aus der Erwachsenenwelt kommen, zum Beispiel mit Töpfen und Schüsseln aus der Küche, Stühlen und Decken im Wohnzimmer, mit einem ausrangierten Telefon, mit einem alten Adressbuch oder den Knöpfen aus Ihrer Knopfschachtel.

Spieldinge: Alltagsgegenstände regen Kinder an

In der Pädagogik bezeichnen wir diese Gegenstände als Spieldinge. Viele von ihnen lassen sich sehr vielseitig einsetzen und – anders als das klassische Spielzeug, dass seine Verwendung stark vorgibt – je nach Spielzusammenhang umdeuten. So hat Ihr autobegeistertes Kind vielleicht den Einfall, aus Stühlen, Kissen, Decken und einem Besen eine Waschstraße zu bauen, durch die es sein Bobbycar fährt. Vielleicht überlassen Sie ihm auch den alten Verbandskasten aus Ihrem Auto (natürlich ohne eventuell gefährliche Inhalte) – ein Highlight.

Spielmaterialien zum Bauen, Werken und Basteln

Ein weiterer wichtiger Impulsgeber für kindliche Kreativität ist das, was wir Pädagog:innen als Spielmaterial bezeichnen. Darunter verstehen wir Dinge aus der Natur, wie Äste, Stöcke, Steine oder Muscheln. Außerdem gehören (Verbrauchs-)Materialien wie Papiere, Farben, Röhren, Kreppband, Becher oder Holzklötze in diese Kategorie. Spielmaterialien rufen geradezu: „Mach was aus mir!“ Unser Autofan nutzt vielleicht Stöcke, um eine Fahrbahn abzugrenzen, oder Holzklötze, um Autos in der Werkstatt aufzubocken.

6 Tipps fürs Kinderzimmer

Diese sechs Dinge können Sie sich in der Kita für das Kinderzimmer zu Hause abschauen:

Weniger Spielzeug präsentieren: Reduzieren Sie das Angebot im Kinderzimmer und tauschen es lieber öfter einmal aus.


Zeug zum Spielen anbieten: Stellen Sie Spieldinge und -materialien zu Verfügung, die sich vielseitig einsetzen und umdeuten lassen.


Viel Material vorhalten: Einige Dinge benötigen Kinder in großer Stückzahl – zum Beispiel Holzklötze, mit denen sie umfangreiche Bauten realisieren können, oder Muscheln und Knöpfe, die zum Sortieren einladen.


Auf Ordnung achten: Junge Kinder sind auf Ordnung angewiesen, um sich zu orientieren. Sie können sie jedoch selbst noch nicht herstellen und sind dabei auf die Hilfe Erwachsener angewiesen.


Interessen aufgreifen: Orientieren Sie sich bei Spielzeug und Materialwahl im Kinderzimmer an den aktuellen Interessen Ihres Kindes.
Material anregend präsentieren: Stellen Sie wichtige Dinge und Materialien so auf, dass sie für ihr Kind gut sicht- und erreichbar sind und zum Spielen animieren.

Ein Raumgestaltungshinweis zum Schluss: Gestalten Sie das Kinderzimmer so, dass ihrem Kind möglichst viel freie Bodenfläche zum Spielen bleibt. Verzichten Sie auf bunte Deko sowie gemusterte Teppiche und Tapeten. Das erschwert die Orientierung und lenkt ab.

Links zum Weiterlesen:

„Kinder brauchen Zeug zum Spielen“, Artikel im element-i Eltern-Magazin vom 22.02.2022
„Räume und Material: Zur Bedeutung einer guten Gestaltung“, Artikel im element-i Fach-Magazin vom 15.10.2021



Carola Kammerlander

ist Diplom-Pädagogin und Geschäftsführerin im Bildungsträgernetzwerk KONZEPT-E in Stuttgart. Sie entwickelte die element-i Pädagogik, die in den über 40 element-i Kinderhäusern des Trägers umgesetzt wird.

Bildquelle: Kameleon Raumkonzepte/Brigitte Sauer

Zum Beitragsbild: Das Foto zeigt einen vorbildlichen, von Kameleon Raumkonzepte entworfenen und gestalteten Kita-Raum.

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