Der Spieleentwickler Wooga gehört laut Leading Employers Deutschland zum dritten Mal in Folge zu den Top 1 % der deutschen Arbeitgeber. Das Unternehmen hat einen Frauenanteil von 42 Prozent – 2016 waren es noch 21. Wie Wooga das geschafft hat und was das mit dem Gender Bias Decoder zu tun hat, hat uns Lenka Kaciakova, Vice President Operations, verraten.
Wir haben in allen Bereichen des Unternehmens Frauen. In unserer Publishing Abteilung, die sich um die Vermarktung unserer Spiele kümmert, arbeiten mit 55 Prozent mehr Frauen als Männer. In den eher techy Bereichen wie der Spieleentwicklung, Analytics oder Produktmanagement, die sonst besonders männlich sind, haben wir immerhin einen Frauenanteil von 24 Prozent.
Die Gaming-Branche ist eine typische Männerdomäne: In den Spielen dominieren männliche Charaktere und die Belegschaft weltweit ist zu 70 Prozent männlich. Noch vor sieben Jahren war Wooga, was die Mitarbeitenden angeht, genauso männlich wie der Durchschnitt, wenn auch kulturell bereits sehr divers.
Das Widersprüchliche ist: 50 Prozent aller Spielenden weltweit sind weiblich. Bei unseren Spielen ist der Frauenanteil sogar noch höher und liegt bei etwa 80 Prozent! Als uns dieser Widerspruch bewusst wurde, ist es uns wie Schuppen von den Augen gefallen. Wir wussten, dass wir daran etwas ändern müssen. Und, dass es sich auch aus geschäftlicher Sicht auszahlen würde, in ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis zu investieren. Das können wir heute bestätigen.
Es gab nicht den einen entscheidenden Faktor, die eine große Maßnahme. Vielmehr war es die Kombination aus vielen verschiedenen großen und kleinen Initiativen, die am Ende zum Erfolg geführt haben. Das Wichtigste war der Anfang. Wir sind mit einer Maßnahme gestartet, die dann Motivation für weitere Maßnahmen war.
Den Anfang haben bei uns Trainings und Workshops zu Themen wie "Unconscious Bias” – unbewusste Vorurteile – gemacht. Damit wollten wir erst einmal Bewusstsein und Offenheit für das Thema schaffen.
Im Recruiting-Prozess haben wir drei konkrete Maßnahmen umgesetzt:
Für unsere Stellenanzeigen nutzen wir sogenannte Gender Bias Decoder, um gender-orientierte Sprache zu vermeiden und somit die Anzahl der Bewerbungen von Frauen zu erhöhen.
Wir achten darauf, dass in jedem Interview-Panel mindestens eine Frau sitzt. Mit unserem jetzigen Frauenanteil ist das einfach. Vor sieben Jahren mussten wir teilweise ganz schön suchen, bis wir jemanden gefunden haben. (Damals haben wir den Frauenanteil natürlich ganz offen kommuniziert, um keinen falschen Eindruck zu erwecken).
Bei uns gilt die Regel, dass in der finalen Bewerberrunde mindestens eine Frau sein muss, sofern sich eine auf die Stelle beworben hat. Das bedeutet aber nicht, dass sie zwangsläufig den Job bekommt.
Und das geht so weiter: Wir haben festgestellt, dass es einfacher wird, Frauen für Wooga zu begeistern, je mehr Mitarbeiterinnen und auch weibliche Führungskräfte wir als Rollenvorbilder haben.
Über 80 % der bei Wooga angestellten Frauen arbeiten Vollzeit.
Wir sind sehr stolz darauf, dass der Anteil an Frauen in Führungspositionen mit etwa 40 % unserem allgemeinen Frauenanteil entspricht.
In vorwiegend technischen Bereichen wie Spieleentwicklung, Analytics oder Produktmanagement beträgt der Frauenanteil bei uns circa 24 %.
Auch oder besonders hier hilft uns der Gender Bias Decoder. Es geht darum, Stellenanzeigen so zu formulieren, dass insbesondere Frauen sich angesprochen fühlen. Es geht dabei nicht nur ums Gendern, sondern auch um die Wortwahl und Beschreibung der Stelle im Allgemeinen. Es gibt Studien, die zeigen, dass sich weniger Frauen bewerben, wenn die Stellenbeschreibung eher männlich klingt. Und: Die meisten Frauen bewerben sich nur, wenn sie an jede Anforderung einen Haken machen können. Während Männer sich auch bewerben, wenn sie nur 60 % der Anforderungen erfüllen. Wir haben also auch ganz genau überlegt, wie wichtig z.B. bestimmte Abschlüsse für uns sind.
Außerdem achten wir auf diverse Interview-Panels sowie einen fairen und standardisierten Interviewprozess für alle Kandidatinnen und Kandidaten. Je mehr Vorbilder wir in unseren Reihen haben, mit denen sich Talente identifizieren können, desto einfacher wird es.
Aus datenschutzrechtlichen Gründen erheben wir diese Daten nicht.
Was ist das Wichtigste für Eltern, damit sie im Job vollen Einsatz zeigen können? Die Kinder in guten Händen zu wissen. Hier unterstützen wir zum Beispiel durch eine Kooperation mit einem lokalen Kita-Träger, um die oft leidige Suche nach einem guten Kitaplatz zu erleichtern.
Bei Wooga arbeiten hochtalentierte Menschen, die für ihre Aufgaben brennen. Eltern wollen die gleichen Resultate erzielen können und gleichermaßen ihren Beitrag am Unternehmenserfolg leisten wie Mitarbeitende ohne Kinder. Das wollen wir ihnen ermöglichen. Wir bieten ein hohes Maß an Flexibilität, das es den Eltern möglich macht, ihre Arbeitszeit dem Alltag mit Kindern anzupassen.
Und es wird grundsätzlich nicht bewertet, wenn jemand Meetings aufgrund einer Teilzeittätigkeit ablehnt oder kurzfristig ausfällt wegen der Kinder.
Ja, auch Väter nehmen bei Wooga Elternzeit. In den letzten sechs Monaten haben sechs männliche Kollegen Elternzeit genommen.
Der Großteil nimmt die klassischen ein bis zwei Monate. Wir hatten im letzten halben Jahr aber auch zwei Fälle, in denen Väter länger in Elternzeit waren – vier und zwölf Monate. Das wäre vor ein paar Jahren vielleicht noch ungewöhnlich gewesen, heute ist es fast schon normal.
Tatsächlich nehmen vor allem Mitarbeiter in Senior Rollen – mit und ohne Personalverantwortung – Elternzeit.
Wir unterstützen Väter auf die gleiche Weise wie Mütter. Wieso sollten wir sie anders behandeln?
Weil sie vor den gleichen Herausforderungen stehen wie Mütter. Uns ist es wichtig, nicht dazu beizutragen, Familien unbewusst in eine vermeintlich klassische Rollenverteilung zu schubsen, weil wir Müttern mehr Unterstützung bieten als Vätern.
Auf jeden Fall! In Deutschland arbeiten 69,3 % der erwerbstätigen Frauen mit mindestens einem Kind unter zwölf in Teilzeit. Das ist eine sehr hohe Zahl. Im EU-Durchschnitt sind es nur 33,9 %.
Dafür gibt es natürlich viele unterschiedliche Gründe, aber ein Grund ist sicher auch der, dass die Vereinbarkeit von Job und Familie in vielen Berufen und Unternehmen nicht wirklich bis sehr schwer möglich ist.
Wir empfehlen, Familienfreundlichkeit nicht als “Benefit” sondern als “Business Success Factor” zu sehen. Das Ziel sollte es sein, allen Mitarbeitenden, egal zu welcher Gruppe sie gehören mögen, die bestmöglichen Voraussetzungen zu schaffen, um gemeinsam gesteckte Ziele zu erreichen. Davon haben dann beide Parteien etwas.