Das erste Anzeichen ist, dass man sich ausgelaugt fühlt und nicht weiß, warum. Das zweite: die Unzufriedenheit mit allem, was man so macht, gefolgt von Vorwürfen gegen andere. Das kann der Partner oder die Partnerin sein oder wer auch immer gerade greifbar ist. Ab diesem Moment geht dann alles nur noch schief und alles ist zu viel. Auch, weil die oder der Betroffene alles nur noch durch eine Brille sieht.
Ein Kind ändert die Paarsituation grundlegend. Deshalb sollte man schon vor der Geburt versuchen, sich ein klares Bild von der zukünftigen Rollenverteilung zu machen. Dafür ist es aber notwendig zu schauen, welches Rollenmodell man selbst als Kind kennengelernt hat. War es das klassische Bild, bei dem der Vater nach Hause kam und seine Ruhe haben wollte? Haben Sie eine Mutter erlebt, die alles im Blick hatte? Oder eine, die darauf vertraut hat, dass alles gut geht? Überlegen Sie dann, wie Sie „Familie“ leben wollen und denken Sie nicht nur an die schönen Seiten. Ist Ihnen klar, dass Sie vielleicht zurückstecken müssen? Haben Sie sich schon Gedanken zu Ihrem Familienmanagement gemacht? Welche realistische Arbeitsteilung kann umgesetzt und auch eingehalten werden? Aber auch: Wie können Sie es schaffen, das beizubehalten, was Ihnen wichtig ist, ohne dabei den „Familienbetrieb“ zu stören? Welches Unterstützungsumfeld gibt es? Besprechen Sie alle diese Punkte mit Ihrem Partner, Ihrer Partnerin.
Meistens ist es die Burnout-Situation nur eines Ehepartners. In der Regel die der Frau, der Mutter. Von daher stimmt der Begriff „Eltern-Burnout“ nicht ganz. Es wird dann ein elternbezogener Burnout daraus, wenn der Mann versucht hat, alles zu tun, um die Frau zu entlasten: Er macht die Einkäufe, kommt früher nach Hause, kümmert sich vermehrt um die Kinder und trotzdem verändert sich nichts.
Meine Erfahrung hat aber gezeigt, dass das Burnout weniger aus der Doppelbelastung von Berufstätigkeit und Familie entsteht. Ganz im Gegenteil. Die meisten sagen, dass sie es genießen, auch arbeiten zu können. Ich höre dann Sätze wie: „Für die Arbeit gibt es wieder Anerkennung für das, was ich gut kann. Wenn ich das nicht hätte, wäre es ganz furchtbar!“ Von daher kann es nicht die Menge oder das „Doppel“ sein. In vielen Fällen ist es die Haltung, mit der man dem begegnet, was ein Kind oder auch mehrere Kinder bringen. Wenn das Kind etwas will, kann ich mich dem „ergeben“ oder aber versuchen, eine für beide Seiten angenehme Lösung zu finden. Stress und Unzufriedenheit entstehen häufig durch Missverstehen dessen, was der andere eigentlich will und braucht. Man muss darüber sprechen, wofür die Unzufriedenheit steht. Wenn wir nicht mehr dazu kommen, vernünftig miteinander zu reden, staut sich alles an und dann kommt es zu einer Belastung, die man Burnout nennen kann. Aber ich würde es erst einmal eine riesige Belastung und Überforderung nennen.
Wenn man den Eindruck hat: „Für mich mache ich ja nichts mehr“, muss man schauen, wann man Zeit für sich finden kann. Mal etwas anderes machen, was nicht von vornherein kinderbezogen oder gemeinsam mit den Kindern ist. Es muss aber für jeden etwas da sein, sowohl für ihn als auch für sie, so dass beide wieder neue Bezugspunkte erhalten und sich die Themen nicht wieder nur um die Kinder drehen.
Auch ist es wichtig, sich einen überblick über die anfallenden Aufgaben zu verschaffen. Wann ist was zu tun? Wer kann was erledigen, wen könnte man zur Unterstützung heranziehen? Erstellen Sie mit allen Familienmitgliedern einen verbindlichen Plan. Dann sehen Sie auch, wo die Zeiten sind, die Sie für sich nutzen können. Einmal im Monat oder auch alle sechs Wochen muss aber auch ein Paarabend möglich sein.
Ich würde es nicht Auszeiten nennen. Es ist vielmehr eine Eigenzeit. Jeder braucht ein Stück eigene Zeit. Sie steigen ja nicht aus. Es ist eine Zeit, um wieder Energie zu sammeln. Wieder ein Gefühl für sich zu bekommen. Zufrieden zu sein und vielleicht auch zu entdecken: Es gibt auch noch etwas anderes.
Zunächst einmal sollte man sich fragen: Wem gegenüber habe ich denn das schlechte Gewissen? Hat irgendjemand dadurch Einbußen? Muss irgendjemand etwas leisten, was er nicht will? Oder ist es so eine „moralische Kiste“ aus der eigenen Kindheit: Nimm Dich selbst nicht so wichtig, Du bist nun mal Mutter oder Vater – so dass alles Eigenleben von vornherein unter Verdacht steht.
Das ist eine der Wurzeln. Die andere ist: Mir fehlt die Erlaubnis, es zu „dürfen“. Das schlechte Gewissen ist eine kindliche Haltung. Nicht ich darf es mir selbst erlauben, sondern ich brauche jemanden, der es mir erlaubt.
Sie sind erwachsen. Erlauben Sie sich, Eigenzeit zu nehmen!
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