Kündigung nach der Elternzeit

Kann man rechtlich gegen eine Kündigung nach der Elternzeit vorgehen? Dr. Sandra Flämig, Fachanwältin für Arbeitsrecht, weiß worauf zu achten ist.

Dr. Sandra Flämig
Fachanwältin für Arbeitsrecht


Viele junge Väter scheuen sich nochdavor, länger als die zwei Partnermonate in Elternzeit zu gehen. Sie befürchten, nach dem Wiedereinstieg nicht an ihre Karriere anknüpfen zu können. Dass es sich hierbei um ernstzunehmende Befürchtungen handelt, zeigt die Tatsache, dass man immer wieder von Vätern, aber auch Müttern, hört, deren Arbeitsverhältnis durch Kündigung oder durch „Nahelegen“ eines Aufhebungsvertrages kurz nach der Elternzeit endet. 

Kündigungsschutz vor und nach der Elternzeit

Grundsätzlich gilt: Der besondere Kündigungsschutz für Elternzeitler gilt ab dem Zeitpunkt des Verlangens von Elternzeit, höchstens jedoch acht Wochen vor Antritt der Elternzeit und erlischt mit dem Ende der beantragten Elternzeit.

Das Recht auf einen vergleichbaren Arbeitsplatz

Nach der Elternzeit hat der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin das Recht auf einen vergleichbaren Arbeitsplatz. Wurde während der Abwesenheit eine neue Mitarbeiterin oder ein neuer Mitarbeiter unbefristet für die Aufgabe eingestellt, kann die/der Rückkehrer*in kein Recht auf den „alten“ Job geltend machen. Der Arbeitgebende kann sogar, wenn er/sie keinen vergleichbaren Arbeitsplatz hat, versuchen, aus betriebsbedingten Gründen zu kündigen.

Bei Kündigung – Kündigungsschutzklage einreichen

Der oder die Gekündigte muss in diesem Fall innerhalb von drei Wochen nach Eingang der schriftlichen Kündigung eine Kündigungsschutzklage – Klage auf Wiedereinstellung –einreichen. Geklagt wird auf das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses. Die Erfahrung zeigt aber, dass eine Kündigungsschutzklage in den meisten Fällen in einem Vergleich endet. Das Arbeitsverhältnis wird dann gegen Zahlung einer Abfindung beendet.

Wie hoch die Abfindung ausfällt, hängt davon ab, wie hoch die Chancen des oder der Klagenden sind, die Klage zu gewinnen. Oftmals sind die Sozialdaten – Jahre der Betriebszugehörigkeit, Alter, Familienstand, Anzahl Kinder – der/des Klagenden besser als die des oder der Neueingestellten. Die Chancen, die Klage zu gewinnen, stehen daher gut.


Stehen die Chancen 50/50, gilt in den meisten Fällen die Faustformel: Ein halbes Brutto-Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. 

Es obliegt dem zuständige Arbeitsgericht die Umstände und die Richtigkeit der Kündigung zu überprüfen. Somit entscheidet auch die Rechtsansicht des Gerichts über die Verhandlungsmöglichkeiten hinsichtlich der Höhe der Abfindung und sonstigen Konditionen einer Beendigung (Zeugnis, Freistellung etc.).

Tipps von der Anwältin

Als Anwältin kann ich Vätern, aber auch Müttern, die entscheiden, für eine längere Zeit in Elternzeit zu gehen, nur empfehlen, vor der Elternzeit „aufzuräumen“ und sich ein erstklassiges Zwischenzeugnis ausstellen zu lassen. Mental sollten sich diese Eltern schon mal auf die Möglichkeit einer beruflichen Veränderung einstellen und während der Elternzeit die Bewerbungsunterlagen vorbereiten.

Meine Erfahrung hat gezeigt, die Elternzeit Eltern verändert. Die Prioritäten und Werte vieler Mütter und Väter verschieben sich, wenn sie sich längere Zeit um den Nachwuchs gekümmert haben. Für einige Arbeitgebende stellen diese Mütter und Väter einen Unsicherheitsfaktor dar. Sie sehen, dass sie nicht mehr uneingeschränkten Zugriff auf deren Arbeitskraft haben, denn spätestens wenn das Kind in die Krippe kommt, ist es zumindest am Anfang oft krank und der Vater oder die Mutter muss es betreuen. Leider gibt es noch immer Arbeitgebende, die darauf nicht mit einem flexiblen Arbeitszeitmodell reagieren wollen.

Die gute Nachricht ist aber: Immer mehr Unternehmen sind familienbewusst aufgestellt und die freuen sich über motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihre, während der Elternzeit erworbenen Fähigkeiten gewinnbringend für das Unternehmen einbringen.

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