Bei den meisten ist die Freude ist groß! Endlich! Das Wunschkind ist unterwegs. Am Liebsten würde man es der ganzen Welt jetzt gleich bekannt geben. Aber noch immer gibt es Vorgesetzte, die nicht vor Begeisterung in die Luft springen. Noch immer gibt es Unternehmen, in denen die Bekanntgabe einer Schwangerschaft eher nachteilig ist. Nicht umsonst wurde die #proparents Initiative gestartet, die eine Diskriminierung von Eltern am Arbeitsplatz entgegen wirken möchte. Aber: „Wie sag ich‘s meinem Chef?“ und „Wann sage ich es meinem Chef?“
Laut Gesetz sind Arbeitnehmerinnen dazu verpflichtet, ihren Arbeitgeber umgehend über die Schwangerschaft zu unterrichten. „Es handelt sich bei diesem Gesetz allerdings um eine Soll-Vorschrift. Kein Muss. Es ist der Schwangeren selbst überlassen, wann sie ihrem Arbeitgeber die Schwangerschaft mitteilt“, so Dr. Christian Stenz, Rechtsanwalt, Münster, und ehemaliger Personalleiter. Für die meisten Frauen ändert eine Schwangerschaft nichts am Arbeitsablauf oder am Arbeitsalltag. Es kann also durchaus sinnvoll sein, die ersten drei Monate und damit die erste Phase der Schwangerschaft, in der es noch zu Komplikationen kommen kann, abzuwarten.
Es hat aber auch Vorteile, den Arbeitgeber früh über die Schwangerschaft zu informieren, denn ab diesem Zeitpunkt greift das Mutterschutzgesetz. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, alle Schutzbestimmungen für die werdende Mutter umzusetzen. Beispielsweise muss eine Schwangere ausreichend Gelegenheit haben, sich während der Arbeit zu setzen. Auch Nachtarbeit, Mehrarbeit und das Tragen von schweren Lasten sind während der Schwangerschaft nur eingeschränkt zumutbar. Je früher der Arbeitgeber also benachrichtigt wird, desto früher greift der Mutterschutz. In Arbeitsbereichen, in denen eine Beschäftigung Schwangerer absolut verboten ist, muss der Arbeitgeber schnell informiert werden.
Zusätzlich gilt, dass Mitarbeiterinnen im Mutterschutz nicht gekündigt werden kann. „Wird von Seiten des Arbeitgebers eine Kündigung ausgesprochen, kann die Arbeitnehmerin noch innerhalb einer Frist von zwei Wochen ihre Schwangerschaft bekannt machen und so die Kündigung verhindern“, weiß Dr. Stenz.
Problematisch wird es, wenn beispielsweise die berühmt-berüchtigte Morgenübelkeit auftritt. Dann sollte der Chef frühzeitig ins Vertrauen gezogen werden. Denn sobald die Kolleginnen und Kollegen merken, dass etwas nicht stimmt, beginnt es in der Gerüchteküche zu brodeln. „Informieren Sie die/den Vorgesetzte/n immer selbst. Schneller als geplant, sind die Informationen in der Personalabteilung gelandet und können dort zu Irritationen führen,“ so Diana Ochs, Expertin für Vereinbarkeit. „Aber nicht auf dem Flur oder zwischen Tür und Angel.“ Daher empfiehlt es sich immer, sich einen Termin bei Ihrem oder Ihrer Personalverantwortlichen geben zu lassen, bevor Gerüchte aufkommen können. Ungeeignete Termine sind Montag früh oder Freitag Nachmittag. „Wählen Sie einen Termin, der Stressfreiheit garantiert. Und bereiten Sie sich gut vor“, so die Expertin.“Zudem schätzen Vorgesetzte es, wenn frühzeitig „im Bilde“ sind und planen können. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn Sie in der Elternzeit Teilzeit arbeiten wollen!“ Ebenfalls wichtig: die Bescheinigung über die Schwangerschaft und der vom Arzt errechnete Geburtstermin.
Sobald eine Mitarbeiterin schwanger ist, ändert sich auch für den Arbeitgeber einiges. Sogar dann, wenn keine besonderen Schutzbestimmungen gelten. Der oder die Vorgesetzte muss sich um einen Ersatz für Fehlzeiten, zum Beispiel bedingt durch Arzttermine, und um eine Vertretung für die Zeit des Mutterschutzes kümmern. Außerdem muss er oder sie sich Gedanken über den Wiedereinstieg machen, der mit einer Umgestaltung des Arbeitsplatzes einher gehen kann. Vielleicht kann die Stelle auf zwei Teilzeitkräfte verteilt oder ein Telearbeitsplatz eingerichtet werden. Eventuell muss frühzeitig im firmeneigenen Kinderbetreuungsangebot ein Platz angemeldet werden. Es ist daher sinnvoll, sich rechtzeitig Gedanken über die Zeit mit dem Kind zu machen und die Pläne mit der oder dem Vorgesetzten zu besprechen. „Nur die wenigsten Chefs brechen in Jubelschreie aus, wenn sie erfahren, dass eine Mitarbeiterin schwanger ist“, weiß Barbara Witte, Führungskräftecoach und spezialisiert darauf, Unternehmen familienfreundlich auszurichten, „aber immer mehr Arbeitgeber entwickeln sich zu familienfreundlichen Betrieben und haben in Sachen ‚Frau, Kind und Karriere’ ein neues Bewusstsein entwickelt.“
Insbesondere junge Paare, die ihr erstes Kind erwarten, unterschätzen in der Regel die Veränderungen, die der Nachwuchs mit sich bringt. Um hier sowohl für die werdenden Eltern als auch für den Arbeitgeber die ideale Lösung zu finden, gibt es mittlerweile in vielen Firmen spezielle Anlaufstellen für Fragen rund um das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Diese Stellen informieren auch über die diversen Programme, die das jeweilige Unternehmen für die Elternzeit anbietet: Beispielsweise Urlaubsvertretung, Vertretung für erkrankte Kollegen, stundenweises Arbeiten. Je nach Unternehmensgröße sind dies Mitarbeiter/innen der Personalabteilung oder eigenständige Serviceabteilungen innerhalb des Unternehmens.
Für Frauen in Führungspositionen ist es schwieriger, den Chef bzw. die Chefin über die Schwangerschaft zu informieren. Hier sollte das Gespräch besonders gut vorbereitet sein. So rät Dr. Astrid Sandweg, Führungskräftecoach und selbst jahrelang Führungskraft in einem großen Unternehmen: „Nicht zu früh informieren. Die Schwangerschaft sollte ganz sicher stehen. Dann sollte man sich gerade als Führungskraft genau überlegen, wie die Zeit der Abwesenheit überbrückt werden kann. Welche Personen können welche Aufgaben übernehmen? Der oder die Vorgesetzte muss das Gefühl haben, sich um nichts mehr kümmern zu müssen. Und ganz wichtig: Niemand muss sich für eine Schwangerschaft entschuldigen oder rechtfertigen.“
Es gilt daher: Die Schwangere sollte sich genau überlegen, wie sie zum Nutzen des Unternehmens ihre Arbeit umverteilen kann. „Zeigen Sie, dass Sie Führungsqualitäten haben und sich Ihrem Arbeitgeber gegenüber auch mit Kind verpflichtet fühlen. Sie kennen Ihre Aufgaben am besten und wissen daher auch am besten, wer Sie vor, während und nach dem Mutterschutz vertreten beziehungsweise unterstützen kann“, so Sandweg. Bereits im Vorfeld sollten sich die werdenden Eltern aber auch darüber einig sein, wer wann und wie lange Elternzeit nimmt. Kommt die Mutter bzw. der Vater nach der Elternzeit als Teilzeitkraft zurück oder steigt er/sie wieder in Vollzeit ein? Wie wird die Betreuung des Nachwuchses geregelt? Am besten immer mit einer Backup-Lösung, damit das Kind auch im Falle von Krankheiten betreut ist. Je konkreter die persönliche Planung ist, desto mehr Planungssicherheit erhält auch das Unternehmen.
Die Aussagen, die zu diesem Zeitpunkt getroffen werden, sind nicht rechtsverbindlich. Wer eine Karriere mit Kind plant, sollte aber so verbindlich wie möglich bleiben.
Noch schwieriger ist die Situation, wenn der nächste Karriereschritt ansteht. Erfährt der Arbeitgeber von der Schwangerschaft, kann es sein, dass die Beförderung hinfällig wird. Auch in diesem Fall hängt viel davon ab, wie die zukünftigen Eltern Beruf und Familie vereinbaren wollen. „Genau so wie das Kind einen rechtmäßigen Anspruch auf die Mutter hat, hat auch das Unternehmen einen Anspruch an seine Mitarbeiter. Eine Führungsposition bedeutet noch immer lange Arbeitszeiten“, so Barbara Witte. „Das mit einem Kind zu vereinbaren, ist eine Herausforderung, die es nicht zu unterschätzen gilt. Da ist es schon fast egal, wie familienfreundlich ein Unternehmen aufgestellt ist. Also ganz wichtig: Gut überlegen, wie es weitergehen soll.“
Das Gespräch mit dem oder der Vorgesetzten ist immer ein vertrauliches Gespräch. Wenn die Schwangere nicht möchte, dass die Kollegen von der Schwangerschaft erfahren, dürfen keine Informationen weitergegeben werden. Das ist dann wichtig, wenn die Betroffene befürchtet, von den Kollegen gemobbt zu werden. Nicht immer freut sich das Umfeld mit. Aber – eine Schwangerschaft lässt sich auf Dauer nicht verheimlichen. Auch hier gilt: Je früher, desto besser. Spätestens während des Mutterschutzes werden die Kollegen Aufgaben übernehmen müssen. Und je früher die Umverteilung der Arbeiten geregelt wird, desto reibungsloser verläuft nachher die Übergangszeit und desto einfacher wird der Wiedereinstieg.
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