Der erfolgreiche Wiedereinstieg nach der Elternzeit hat viele Mütter und Väter: Die/der Mitarbeitende samt Partner*in, die Vorgesetzten, die Personalabteilung, die interne oder externe Kinderbetreuung und so weiter. Sie alle mischen an der Erfolgsformel mit. Die Kinder spielen dabei kaum eine Rolle. Sie werden selten gefragt und manchmal könnten sie, selbst wenn sie gefragt würden, noch nicht antworten.
Der dänische Familienexperte Jesper Juul hat dieses Dilemma in die provokante Frage verpackt: Wem gehören unsere Kinder? Dem Staat, den Eltern oder sich selbst?(1) Er macht darauf aufmerksam, dass die ganze Debatte um Betreuungsgeld und sofortigen Wiedereinstieg nach der Geburt sehr stark aus der politischen und wirtschaftlichen Perspektive betrieben wird. Es geht jedoch um unsere Kinder! Wir Eltern sind in der Verantwortung, das Beste für uns und unsere Kinder umzusetzen. Dazu zählen nach einer innerlichen Prüfung ehrliche Antworten auf die Fragen:
- Will ich mein Kind in eine Frühbetreuung wie zum Beispiel eine Krippe geben?
- Wie stelle ich mir die externe Betreuung vor? Entspricht sie meinem Werteverständnis? Wenn nein, welche Alternativen habe ich?
- Was will der andere Elternteil meines Kindes? Werde ich unterstützt oder haben wir unterschiedliche Sichtweisen?
Es gibt Mütter, für die ist es eindeutig, dass sie frühzeitig in ihren Job zurückkehren wollen. Wenn dies der authentische Wille ist, dann ist es gut so. Denn so wird der Wiedereinstieg in Voll- oder Teilzeit nicht auf Kosten des Kindes passieren. Solange das Kind spürt und erlebt, dass Mama trotz Arbeit mit vollem Herzen bei ihm ist, bekommt es die Liebe, die es braucht. Es geht dabei um Qualität und nicht Quantität der liebevollen Aufmerksamkeit!
Ein guter Zieleinlauf in den alten oder neuen Job braucht einen vorbereiteten Start. Dieser beginnt bereits mit der Schwangerschaft. Denn wann und wie, sag ich es meinem Vorgesetzten?
Die wenigsten Chefs gratulieren mit vollem Herzen zu dem Glück der Mitarbeiterin. Viele befinden sich eher in einem kleinen Schockzustand. Die Schwangerschaft bedeutet Veränderung, Planungsunsicherheit und damit Mehrarbeit für die Vorgesetzten. Daher kommt in dieser Situation ein wesentlicher Faktor zum Wirken: Wie ist das zwischenmenschliche Beziehungs- und Vertrauensverhältnis zwischen Mitarbeiterin und Führungskraft? Denn davon hängt es ab, ob die Info frühzeitig oder erst spät gegeben wird. Ob sie im persönlichen Gespräch oder über die Personalabteilung überbracht wird.
Bevor Sie sich Gedanken machen, mit welchen Worten und Infos Sie es Ihrem Chef mitteilen, sollten Sie sich daher klar sein über:
- Will ich es meinem Vorgesetzten persönlich sagen?
- Wann will ich die Schwangerschaft bekannt geben?
- Welche Reaktionen können kommen? Wie kann ich mich vor unguten Gefühlen schützen?
- Habe ich bereits einen Plan bzgl. Elternzeit oder ist das noch offen für mich?
Je klarer Du mit eigenen Vorstellungen die Botschaft kommunizieren, umso mehr Unsicherheit nimmst Du Deinem Zuhörer. Der Arbeitgeber – egal ob Chef*in oder Personaler*in – weiß dann, woran sie/er ist.
Für die Vorbereitung des Gespräches könntest Du Dich in die Perspektive des Arbeitgebers versetzen. Je mehr Antworten Du proaktiv auf folgende Fragen geben kannst, umso mehr „Angst“ nimmst Du Deinem/Deiner Chef*in:
- Kommst Du nach der Elternzeit wieder?
- Wie kannst Du während Deiner Elternzeit „ersetzt“ werden?
- Was muss vor der Elternzeit noch erledigt werden?
- Wie und wann geschieht die Übergabe?
- Bist Du während Deiner Elternzeit für dringende Fragen erreichbar?
- Willst Du nach der Elternzeit in Teilzeit wiederkommen?
- Wie lange wird Deine Elternzeit dauern?
- Wie hältst Du Deine berufliche Qualifikation up-to-date?
Hilfreiche Tipps findest Du auch in unserem Beitrag: "Schwanger: So sag ich's dem Chef!"
Aus dem Auge – aus dem Sinn. Das ist der gefährliche Trend während der Elternzeit. Weder Du denkst vor lauter Kinderglück noch an den Job und Deine Kolleg*innen, Vorgesetzten sowie die Personalabteilung auch nicht mehr an Dich. Abteilungsplanungen, Beförderungen oder neue zukünftige Projekte finden ohne Dich statt. Das ist einerseits gut so, denn Du bist ja für Dein Kind da. Andererseits kannst Du so schnell beruflich ins Abseits geraten.
Versuche, in Kontakt zu bleiben. Bei einer guten Ebene zu Kolleg*innen und Chef*in kann dieses auf der persönlichen Schiene gelingen. Die Rundmail an alle mit „Unser Bub ist da“ ist damit nicht gemeint. Überprüfe, wer von den Kolleg*innen Dir wirklich von Herzen sympathisch ist. Zu dieser Person kannst Du einen herzlichen Kontakt halten. Ansonsten empfiehlt sich ein professionelles Kontakthalten.
Kläre ab, wer Dein*e Ansprechpartner*in während der Elternzeit sein wird und wie Du mit ihr/ihm kommunizieren kannst. Das kann via E-Mail, via Intranet, via Telefon oder via regelmäßige Treffen stattfinden.
Falls Du während der Elternzeit arbeiten willst, dann sollte Dein Arbeitgebender dieses wissen. Frag nach, ob Du Teilzeit tätig sein kannst. Und wenn ja, kläre, welche Aufgaben Du übernehmen sollst, willst und kannst. Das „Wie“ lässt sich in einem guten Arbeitsverhältnis finden – von Home-Office-Tätigkeiten bis hin zu vor Ort Vertretung im Krankheitsfall.
Wenn Du eine Nebentätigkeit außerhalb Ihres Unternehmens anstrebst, dann sprich das unbedingt mit Deinem Arbeitgeber ab. Bedenke, dass es eventuell die Unsicherheit über Deinen Rückkehrwunsch erhöht.
Je nach Länge der Elternzeit ist es sinnvoll, sich Gedanken über Weiterbildungsmaßnahmen zu machen. So sicherst Du ab, dass der fachliche Zug für Dich nicht abgefahren ist, wenn Du wieder einsteigst. Bevor Du jedoch in den beruflichen Zug wieder einsteigst, sollte es ein Rückkehrgespräch mit der Personalabteilung und dem/der Vorgesetzten geben. Hier werden Qualifizierungsbedarf sowie zukünftige Arbeitszeitmodelle und Aufgaben besprochen – im Idealfall einvernehmlich!
Welcome back on board! Du erntest am ersten Arbeitstag, was Du und Dein Arbeitgebender vor und während der Elternzeit gesät haben. Je flexibler und familienbewusster das Unternehme ist, umso leichter lassen sich Familie und Beruf vereinbaren. Die Verantwortung liegt jedoch nicht nur beim Arbeitgebenden.
Mit Glück ist für die Kinderbetreuung innerhalb der Firma gesorgt. Immer mehr Arbeitgebende erkennen den Vorteil einer Krippe oder eines Kindergartens als Mittel zur Mitarbeiterbindung. Und genau da findet sich ein möglicher Hacken.
Überprüfe, ob die Qualität der Einrichtung für Dein Kind gut ist. Du als Elternteil trägst die Verantwortung für das Wohlergehen Deines Kindes, indem Du die Einrichtung, Tagesmutter oder sonstiges Betreuungskonzept auswählst. Diese Verantwortung kann nicht delegiert werden und ganz ehrlich, wer will sie auch als Mutter oder Vater delegieren?
Mit Glück, ziehen Du und Dein*e Partner*in an einem Strang. Das bedeutet Ihr beide wollt, dass Du wieder arbeitst. Wenn Du eine*n Chef*in hast, die/der selbst familienbewusst denkt und lebt, dann hast Du gute Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Familie und Karriere.
Wenn Du Pech hast, treffen beide Punkte nicht zu. Hier gilt es, diese zu lösen. Bitte mit dem Partner beginnen! Vereinbarkeit von Familie und Beruf startet immer erst in der Familie. Wenn dort alles passt, dann lassen sich auch familienunbewusste Vorgesetzte „ertragen“.
Bildnachweis:
(1) Jesper Juul: Wem gehören unsere Kinder? Dem Staat, den Eltern oder sich selbst? Ansichten zur Frühbetreuung, Beltz, 2012