Wiedereinstieg für Alleinerziehende

Besonders Alleinerziehende haben es beim Wiedereinstieg in den Beruf nicht leicht. Tipps wie der Wiedereinstieg dennoch gelingen kann.

Inanna Berger
Netzwerkkoordination Goldnetz e.V.

Jedes fünfte Kind lebt in Deutschland mittlerweile in einer alleinerziehenden Familie. Rund ein Drittel der Alleinerziehenden beziehen deutschlandweit SGB II-Leistungen. In Berlin sind 43,3% der Alleinerziehenden auf diese Leistungen angewiesen. Dabei sind fast 68% der Alleinerziehenden erwerbstätig, auch 40% der SGB II-Bezieher*innen. Alleinerziehende Frauen sind sogar häufiger erwerbstätig als andere Mütter und arbeiten dabei öfter in Vollzeit.

Besondere Herausforderungen meistern

Geringe Berufserfahrungen mit langen Erwerbspausen, sowie die Abwertung der Abschlüsse nach langen Unterbrechungen sind besondere Einstiegshindernisse für Alleinerziehende. Hinzu kommt eine starke Ortsgebundenheit, vor allem bei Alleinerziehenden mit Schulkindern, die folglich auch beruflich einschränkt. Außerdem fehlen oft Kinderbetreuungsmöglichkeiten, insbesondere außerhalb der Regelzeiten. Für viele Arbeitnehmer*innen ist es daher schwierig, mit weniger Zeit und Flexibilität wieder im alten Beschäftigungsverhältnis angenommen zu werden. Die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie stellt somit eine große Hürde da. Viele Alleinerziehende wollen ins Berufsleben zurück, haben aber nicht die nötigen Rahmenbedingungen. Gerade wenn Großeltern weit weg wohnen oder der zweite Elternteil nicht verfügbar ist, müssen geeignete Lösungen erarbeitet werden, um erfolgreich in eine berufliche Zukunft starten zu können.

Individuelle Ziele definieren

Die Rückkehr ins Berufsleben erscheint für viele Alleinerziehende erstmal unmöglich - ist aber machbar. Manchmal braucht es allerdings einen Spiegel von außen, um mögliche Wege erkennen zu können. Warum sollte jemand aus dem Einzelhandel nicht auch im Callcenter arbeiten, ohne Schicht- und Wochenendarbeit? Wichtig ist in jedem Fall, sich seine ganz persönliche berufliche Vision zu erarbeiten, um diese dann mit der Realität des Arbeitsmarktes und der Familiensituation abzugleichen.
Möglicherweise bedarf es dann auch eines beruflichen Wechsels, der mit einer neuen Ausbildung oder Fort- und Weiterbildung gelingen kann. Im Rahmen einer Neuorientierung ist es wichtig, sich seiner Stärken und Kompetenzen bewusst zu werden. Ebenso wichtig ist es, das eigene Selbstbewusstsein zu stärken und Prioritäten zu setzen. Nur so können individuelle berufliche und persönliche Ziele formuliert werden. Eine auf die eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten ausgelegte Beschäftigung erhöht die Wahrscheinlichkeit einer langfristig erfüllenden Arbeit und führt im besten Fall zu einer nachhaltigen finanziellen Sicherheit.

Familienarbeit als Kompetenz

Alleinerziehende haben es bei der Jobsuche immer noch schwerer als Eltern aus Paarfamilien. Viele Arbeitgeber*innen befürchten, sie seien unflexibel, zeitlich eingeschränkt und hätten höhere Fehlzeiten. Diese Vorannahmen machen es Alleinerziehenden oft schwer, sich mit den vielfältigen Kompetenzen und Potenzialen selbstbewusst zu zeigen. Viele sind in Wirklichkeit sehr gut qualifiziert und hochmotiviert - also eine große Bereicherung für jedes Team. Wie alle anderen Eltern sind Alleinerziehende es gewohnt, tagtäglich viele verschiedene Aufgaben, oft mit wenig Zeit, zu bewältigen. Sie zeichnen sich durch hohe Organisationsfähigkeit und ausgeprägtes Verantwortungsgefühl aus. Alleinerziehende gelten wegen ihrer Familienführungserfahrung sogar als besonders belastbar. Diese Potenziale müssen den Alleinerziehenden jedoch erst einmal selbst bewusst werden. Dann kommt es zu einem selbstsichereren Umgang mit dem Thema Wiedereinstieg als Alleinerziehende*r in Anschreiben und Lebenslauf, im Bewerbungsgespräch, sowie im Job.

Fragen der Vereinbarkeit klären

Gerade bei Alleinerziehenden braucht es genug Vorlauf, um sich mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und den damit verbundenen Herausforderungen zu beschäftigen. Als Alleinerziehende*r muss man sich bewusst machen, dass ‚Hilfe Annehmen‘ ein wichtiger Schritt auf dem Weg in einen neuen Berufsalltag darstellt. Auch kann es hilfreich sein, das eigene soziale Netzwerk in die Betreuung mit einzubinden. Indem Kontakte gepflegt und ausgebaut werden, können Familienmitglieder, Freunde und Bekannte in Notfällen leichter einspringen. Bereits die Elternzeit kann dazu genutzt werden, um Angebote und Möglichkeiten der Kinderbetreuung, auch mit Blick auf die mögliche berufliche Neuorientierung, zu recherchieren. Dabei hilft es, vielfältige Informationen einzuholen und sich einen Überblick über Initiativen und Projekte zu verschaffen, aber auch private Möglichkeiten auszuloten. Es ist wichtig, das gesamte Umfeld, aber auch Abhängigkeiten, Verpflichtungen und Tagesabläufe anzuschauen und im Prozess der Neuausrichtung zu berücksichtigen. Dazu gehört auch ein Blick auf das eigene Zeit- und Ressourcenmanagement: Ist eine Vollzeitstelle realistisch umsetzbar und von der Familie tragbar? All diese Themen im Vorfeld zu klären und Klarheit, sowohl über die eigenen Kompetenzen und beruflichen Ziele als auch über das familiäre Betreuungskonzept, zu erlangen, sind für den erfolgreichen (Wieder-) Einstieg ins Berufsleben unerlässlich.

LOS! Beruflich erfolgreich mit Kind

Der Berliner Bildungsträger Goldnetz e.V. bietet seit Jahren ein spezielles Coaching für Alleinerziehende und Frauen mit Kind(ern) an, das auf dem Weg des Wiedereinstiegs begleitet. Die Teilnehmenden entwickeln in dem 8-wöchigen Programm eine stimmige berufliche Perspektive, die zu ihrer jeweiligen Lebens- und Familiensituation passt. Dabei werden sie Schritt für Schritt von erfahrenen Coaches darin begleitet, diese mit Herz & Strategie auch praktisch umzusetzen. Die Teilnahme ist kostenfrei.

Der letzte Kursstart des Projektes LOS! Lebendig. Optimistisch. Selbstbestimmt. Beruflich erfolgreich mit Kind ist in diesem Jahr der 25. Oktober 2022!
Weitere Informationen unter: www.goldnetz-berlin.de/los

Das Projekt wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und der Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, Abteilung Frauen und Gleichstellung.

Quelle der verwendeten Zahlen ist das Factsheet „Alleinerziehende in Deutschland“ (2021) der Bertelsmann Stiftung: https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/Projekte/Familie_und_Bildung/Factsheet_WB_Alleinerziehende_in_Deutschland_2021.pdf

Bildnachweis: Pexels

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